Stellen Sie sich vor, Sie beauftragen einen Fotografen mit der Erstellung von Fotos von sich oder Ihrem Kind und müssen dann erleben, dass der Fotograf bzw. das beauftragte Fotostudio diese Fotos ohne Ihre Einwilligung werblich nutzt, also zum Beispiel auf seiner Webseite öffentlich zugänglich macht oder bei Facebook der Öffentlichkeit zur Schau stellt.
Eine solche Kommerzialisierung von Kundenbildern durch Werbung für die Leistungen des Fotostudios kommt leider immer wieder vor und ist umso ärgerlicher, wenn sich Eltern entschieden haben, gerade keine Baby/Kinderfotos Ihrer Kleinen in das Internet zu stellen oder stellen zu lassen. Oder – für Betroffene meist noch schlimmer – wenn es sich um Aktfotos handelt, die auf einmal jedermann im Internet ansehen kann. Nicht selten versuchen dann die Fotografen, sich mit ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) herauszureden. Darin stünde ja, dass vereinbart sei, dass der Fotograf die Fotos für seine werblichen Zwecke nutzen dürfe.
Wie ist die Rechtslage in solchen Fällen ?
Regelmäßig handelt der Fotograf/das Fotostudio in solchen Fällen rechtswidrig und die Betroffenen können diesen anwaltlich abmahnen und zur Unterlassung auffordern lassen. Die Kosten hat dann der Fotograf bzw. das Fotostudio zu erstatten. In vielen Fällen können die Betroffenen von dem Fotografen/Fotostudio zudem Schadensersatz oder Geldentschädigung wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts verlangen. Es kommt aber auf den konkreten Einzelfall an, weshalb Betroffene ihren konkreten Fall zeitnah fachanwaltlich prüfen lassen sollten.
Im Einzelnen:
I. Verletzung des Rechts am eigenen Bild ?
Nach dem sog. KunstUrhG (Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie) dürfen Bildnisse bis auf wenige Ausnahmen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden (§ 22 KunstUrhG).
Ohne die erforderliche Einwilligung dürfen lediglich
– Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte,
– Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen,
– Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben,
– Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient
verbreitet und zur Schau gestellt werden. Aber auch diese Ausnahmen (§ 23 KunstUrhG) sind oft nicht gegeben. Und selbst wenn eine der genannten Ausnahmen vorliegt ist davon nicht die Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird, gedeckt.
In den allermeisten Fällen, in denen Verbraucher also Bilder von sich oder ihrer Familie/ihren Kindern anfertigen lassen darf der Fotograf die Bilder nicht ohne wirksame Einwilligung der Abgebildeten bzw. der Erziehungsberechtigten verbreiten oder öffentlich zugänglich machen bzw. Zurschaustellen !
Das Einstellen von Bildnissen auf Internetseiten oder in soziale Netzwerke ist ein solches Zurschaustellen. Regelmäßig geschieht dies auch in sozialen Netzwerken „öffentlich“, da die Bilder meist zur Werbezwecken „öffentlich“ sichtbar ist („Geteilt mit: Öffentlich“).
Wenn überhaupt keine Einwilligung vorliegt liegt ein Rechtsverstoß meist auf der Hand. Aber oft versuchen sich Fotografen hinter ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verstecken. Im „Kleingedruckten“ stehen dann zum Beispiel Formulierungen wie
„(…) FOTOGRAF ist berechtigt, die von ihm angefertigten Fotos für seine Werbezwecke (z.B. auf der FOTOGRAF-Internetseite) uneingeschränkt zu nutzen, d.h. zu verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen. Sofern der Auftraggeber dies nicht möchte ist der Auftraggeber verpflichtet, dies vor Auftragserteilung FOTOGRAF mitzuteilen. In diesem Fall erhöht sich der vom Auftraggeber zu zahlende Preis für die angefertigten Fotos um XYZ %.“
oder Ähnliches.
Auch bei solchen AGB liegt aber oft gerade KEINE wirksame Einwilligung des Betroffenen vor, weil für den Kunden im Angebot oder im Vertragstext oft nicht erkennbar oder erwartbar war, dass der Fotograf die Bilder für seine eigenen Werbezwecke uneingeschränkt nutzen dürfen wollte. Der bloße Hinweis im Vertrag, dass etwa die umseitigen AGB gelten reicht regelmäßig in solchen Fällen für eine wirksame Einwilligung nicht aus.
Zum einen wird in vielen Fällen eine sog. überraschende Klausel vorliegen. Nach dem BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
Zum anderen kann oft argumentiert werden, dass keine wirksame Einwilligung vorliegt, wenn – wie regelmäßig – die Eltern das Kind nur gemeinschaftlich vertreten können, aber den Fotoauftrag nur ein Elternteil unterschrieben hat. Die Beweislast für das Vorliegen einer wirksamen Einwilligung liegt bei demjenigen, der das Personenfoto veröffentlicht – also in der beschriebenen Konstellation beim Fotografen.
II. Ansprüche von Betroffenen
1. Unterlassungsanspruch
Das Einstellen von Bildnissen auf Internetseiten oder in soziale Netzwerke ohne die Einwilligung des Abgebildeten ist also regelmäßig rechtswidrig und es besteht ein Unterlassungsanspruch gegen den Einstellenden wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Der Täter kann und sollte dann anwaltlich abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung für die Zukunft aufgefordert werden. Für zukünftige – auch fahrlässige – Verstöße gegen die Unterlassungserklärung hat der Täter dann eine oder mehrere Vertragsstrafen an den Betroffenen zu zahlen. Dies können schnell einige tausend Euro werden.
2. Auskunftsanspruch / Schadensersatz / Geldentschädigung
Zudem kommt oft schon durch das erstmalige unberechtigte öffentliche Zugänglichmachen ein Schadensersatzanspruch der Betroffenen etwa aus fiktiver Lizenz in Betracht. Flankiert wird ein solcher Anspruch durch einen Auskunftsanspruch gegen den Täter. Ein Anspruch auf fiktive Lizenzgebühr setzt voraus, dass es sich um eine Aufnahme handelt, die kommerzialisierbar ist und die Veröffentlichung muss kommerziellen Charakter haben. Bei Werbung ist dies grundsätzlich gegeben. Vom OLG Frankfurt wurden z.B. umgerechnet ca. € 1.000,00 Schadensersatz für die ungenehmigte Verwendung eines Fotos einer Person als Teil einer Wandergruppe für einen Ferienkatalog zugesprochen. Vom Amtsgericht Frankfurt wurden umgerechnet ca. € 1.000,00 wegen der ungenehmigten Verwendung eines Fotos mehrerer Hotelgäste an einem Esstisch in einem Werbeprospekt für Küchenherde zugesprochen. Das Foto war für eine Reportage zum Thema Landleben in einer Feinschmeckerzeitschrift hergestellt worden und das Foto nicht peinlich o.ä. für den Abgebildeten. Hier kommt es aber sehr auf den Einzelfall und das jeweilige Gericht an. Betroffene sollten etwaige Ansprüche auf jeden Fall fachanwaltlich prüfen lassen. Geldentschädigungen sind auf Fälle besonders schwerer Persönlichkeitsverletzungen (etwa die unberechtigte öffentliche Zugänglichmachung von Nacktbildern) beschränkt und fallen dann regelmäßig deutlich höher aus.
III. Fazit
Fotografen bzw. Fotostudios, die Fotos von Kunden ohne deren – wirksame – Einwilligung werblich nutzen, also zum Beispiel auf einer Webseite öffentlich zugänglich machen oder bei Facebook der Öffentlichkeit zur Schau stellen, handeln regelmäßig rechtswidrig und die Betroffenen können diese anwaltlich abmahnen und zur Unterlassung auffordern lassen. Die Kosten hat dann der Fotograf bzw. das Fotostudio zu tragen. Zudem haben die Betroffenen oft Anspruch auf zusätzlichen Schadensersatz oder Geldentschädigung. Es kommt aber auf den konkreten Einzelfall an, weshalb Betroffene ihren konkreten Fall immer fachanwaltlich prüfen lassen sollten.
Für die Beurteilung Ihres konkreten Falles steht Ihnen Fachanwalt Dr. Jaeschke gerne zur Verfügung.