Mir liegt ein Schreiben der Debcon GmbH vor, mit welchem diese meinen Mandanten „rechtsverbindlich informiert“, dass
die „Firma HITMIX Musikagentur Erich Öxler“ der Debcon GmbH eine Forderung aus dem Jahr 2010 abgetreten habe. Die Forderung setze sich „aus dem Lizenzschaden“ zusammen, der seinerzeit im Rahmen einer sog. Filesharing Abmahnung geltend gemacht wurde.
In dem mir vorliegenden Fall vertritt die Debcon GmbH die Rechtsansicht, der behauptete Schadensersatzanspruch sei noch nicht verjährt und bezieht sich dabei auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) „Bochumer Weihnachtsmarkt“ aus dem Jahr 2011.
In dem Urteil wird ausgeführt:
„Auf die Verjährung der Ansprüche wegen Verletzung des Urheberechts oder eines anderen nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechts finden nach § 102 S. 1 UrhG die Vorschriften der §§ 194ff. BGB über die Verjährung entsprechende Anwendung. Daher verjähren Schadensersatzansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen nach §§ 195, 199I BGB regelmäßig innerhalb von drei Jahren. (…) Hat der Verpflichtete durch die Verletzung des Urheberrechts etwas auf Kosten des Berechtigten erlangt, findet nach § 102 S. 2 UrhG die Bestimmung des § 852 BGB entsprechende Anwendung. Danach ist der Ersatzpflichtige auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer Verletzung des Urheberrechts entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet (§ 852 S. 1 BGB). Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf seine Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an (§ 852 S. 2 BGB). Der Schadensersatzanspruch der Kl. ist danach jedenfalls deshalb nicht verjährt, weil er auf Herausgabe einer durch die Verletzung des Urheberrechts erlangten Bereicherung gerichtet ist“ (BGH, Urteil vom 27.10.2011, Az.: I ZR 175/10, GRUR 2012, 715, 717, Rn. 37f. – Bochumer Weihnachtsmarkt ).
Ob dieses Urteil, bei dem es um die angemessene Vergütung für Musikaufführungen bei Straßenfesten ging, mit Filesharing-Sachverhalten vergleichbar ist, darf bezweifelt werden.
Das AG Kassel etwa hat Urteil vom 24.07.2014 , Az. 410 C 625/14 zur Verjährung bei Ansprüchen aus Urheberrechtsverletzung durch Filesharing eine andere Auffassung vertreten. In dem vom AG Kassel entschiedenen Fall konnte die dortige Klägerin für sich nicht die zehnjährige Verjährungsfrist des § 852 S. 2 BGB reklamieren. Nach dieser Vorschrift unterliegen diejenigen Ansprüche einer längeren Verjährung, die auf die Herausgabe des deliktisch Erlangten zielen. Diese Vorschrift finde wegen zwar entsprechende Anwendung. Voraussetzung sei aber, dass der Schädiger tatsächlich etwas erlangt hat. Dies könne etwa die ersparte Lizenzgebühr sein, wenn die Wahrnehmung des Urheberrechts typischerweise nur gegen eine Lizenzgebühr eingeräumt werde. Dem AG Kassel sei aber kein Anbieter bekannt, der Werke der Musik oder Filmwerke dergestalt lizenziert, dass sie im Wege des Filesharings angeboten werden können (vgl. JurPC Web-Dok. 151/2014, Abs. 21, 22).
Es kommt letztlich immer auf den Einzelfall an. Wenn Sie sich einer solchen Forderung der Debcon GmbH ausgesetzt sehen, sollten Sie sich zeitnah an einen Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz wenden um zu besprechen, ob die Forderung gegen Sie berechtigt ist bzw. noch durchgesetzt werden könnte. UPDATE: Nach einem Urteil des LG Frankfurt vom 08.07.2015 beträgt die Verjährung des Anspruchs auf Schadensersatz aus sog. fiktiver Lizenz 10 Jahre, die Verjährung des Anspruchs auf Abmahnkostenersatz 3 Jahre (Urteil des LG Frankfurt a.M., Urteil vom 08.07.2015, Az.: 2-06S 21/14).