Der BGH hat die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen ein Hostprovider als Störer für von ihm nicht verfasste oder gebilligte Äußerungen eines Dritten in einem Blog auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Danach gilt:
1. Hostprovider muss nun handeln, wenn Rechtsverstoss ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung bejaht werden kann
2. Zunächst ist eine Stellungnahme des für den Blog Verantwortlichen einzuholen. Bleibt diese aus, ist der beanstandete Beitrag zu löschen
3. Tritt der für den Blog Verantwortliche der Beanstandung substantiiert entgegen, ist der Hostprovider gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen die behauptete Rechtsverletzung folgt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst.
4. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
Im Einzelnen:
Die Beklagte mit Sitz in Kalifornien stellt die technische Infrastruktur und den Speicherplatz für eine Website und für die unter einer Webadresse eingerichteten sog. Blogs bereit. In Bezug auf die Blogs, journal- oder tagebuchartig angelegten Webseiten, fungiert die Beklagte als sog. Hostprovider. Ein von einem Dritten eingerichteter Blog enthält unter anderem eine Tatsachenbehauptung, die der Kläger als unwahr und ehrenrührig beanstandet hat. Nach § 10 Telemediengesetz (TMG) sind Hostprovider als Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie für einen Nutzer speichern, nicht verantwortlich, sofern sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung oder der Information haben und ihnen im Falle von Schadensersatzansprüchen auch keine Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrige Handlung oder die Information offensichtlich wird, oder sie unverzüglich tätig geworden sind, um die Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren, sobald sie diese Kenntnis erlangt haben.
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verbreitung einer ehrenrührigen Tatsachenbehauptung im Internet auf Unterlassung in Anspruch.
Das LG Hamburg hat der Unterlassungsklage hinsichtlich der Verbreitung einer Behauptung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte insoweit keinen Erfolg. Mit der vom OLG Hamburg als Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die angestrebte Klageabweisung weiter.
Der u.a. für das Persönlichkeitsrecht zuständige sechste Zivilsenat des BGH hat die Auffassung der Vorinstanzen, dass die deutschen Gerichte international zuständig seien und dass deutsches Recht Anwendung finde, bestätigt.
Zur Frage der Haftung der Beklagten nach deutschem Recht ist die Sache an das OLG Hamburg zurückverwiesen worden. Der BGH hat die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen ein Hostprovider als Störer für von ihm nicht verfasste oder gebilligte Äußerungen eines Dritten in einem Blog auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.
Eine Inanspruchnahme des Hostproviders setzt danach voraus, dass dieser die im Folgenden dargelegten Pflichten verletzt hat:
Ein Tätigwerden des Hostproviders ist nur veranlasst, wenn der Hinweis so konkret gefasst ist, dass der Rechtsverstoß auf der Grundlage der Behauptungen des Betroffenen ohne eingehende rechtliche und tatsächliche Überprüfung bejaht werden kann.
Im Allgemeinen ist zunächst die Beanstandung des Betroffenen an den für den Blog Verantwortlichen zur Stellungnahme weiterzuleiten. Bleibt eine Stellungnahme innerhalb einer nach den Umständen angemessenen Frist aus, ist von der Berechtigung der Beanstandung auszugehen und der beanstandete Eintrag zu löschen. Stellt der für den Blog Verantwortliche die Berechtigung der Beanstandung substantiiert in Abrede und ergeben sich deshalb berechtigte Zweifel, ist der Provider grundsätzlich gehalten, dem Betroffenen dies mitzuteilen und gegebenenfalls Nachweise zu verlangen, aus denen sich die behauptete Rechtsverletzung ergibt. Bleibt eine Stellungnahme des Betroffenen aus oder legt er gegebenenfalls erforderliche Nachweise nicht vor, ist eine weitere Prüfung nicht veranlasst. Ergibt sich aus der Stellungnahme des Betroffenen oder den vorgelegten Belegen auch unter Berücksichtigung einer etwaigen Äußerung des für den Blog Verantwortlichen eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts, ist der beanstandete Eintrag zu löschen.
Durch die Zurückverweisung an das Berufungsgericht wird den Parteien Gelegenheit gegeben, dazu vorzutragen, ob die Beklagte die ihr obliegenden Pflichten erfüllt hat.
Vorinstanzen: LG Hamburg, Urteil vom 22.05. 2009, Az.: 325 O 145/08, OLG Hamburg, Urteil vom 02.03.2010, Az.: 7 U 70/09
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 25.10.2011, Nr. 169/2011; BGH, Urteil vom 25.10. 2011, Az.: VI ZR 93/10