Der erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat entschieden, dass mit dem Erwerb eines Gebäudes oder Grundstücks das Recht verbunden sein kann, dieses Anwesen mit dem Namen eines früheren Eigentümers zu bezeichnen, sofern der Erwerber ein berechtigtes Interesse daran hat, seine dort betriebenen wirtschaftlichen Aktivitäten mit diesem Namen zu bezeichnen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Bezeichnung zu dem Zeitpunkt, zu dem der Erwerber die Benutzung aufgenommen hat, im allgemeinen Sprachgebrauch der näheren Umgebung üblich war und sich der Name auf diese Weise verselbständigt hat.
Im Einzelnen:
Der Kläger ist ein Nachfahre der Berliner Industriellenfamilie v. Borsig. Albert Borsig hatte im Jahr 1866 das Gut Groß Behnitz nahe Berlin erworben. Das Gut wurde 1947 von der sowjetischen Besatzungsmacht enteignet und der Beklagte erwarb im Jahre 2000 von der Treuhandgesellschaft einen Teil davon. Er ist Geschäftsführer der Landgut Borsig Kontor GmbH, die dort unter der Bezeichnung „Landgut Borsig Groß Behnitz“ Freizeitveranstaltungen veranstaltet. Zudem verkauft sie dort Produkte aus der Region. Der Beklagte ließ für sich weiterhin den Domainnamen „landgut-borsig.de“ registrieren. Der Kläger wendet sich mit der Klage dagegen, dass die Beklagten seinen Namen auf diese Weise verwenden.
Vor dem LG Berlin und dem Kammergericht war der Kläger weitgehend erfolgreich. Der BGH hat das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten nun jedoch aufgehoben.
Zwar könne der Gebrauch der Bezeichnung „Landgut Borsig“ beim Publikum den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Kläger habe als unmittelbarer Nachfahre des früheren Eigentümers Ernst v. Borsig dem Gebrauch seines Namens zugestimmt. Die Beklagten könnten sich auch nicht mit Erfolg auf eine Gestattung der Namensverwendung durch die heutige Borsig GmbH berufen. Nach dem Vortrag der Beklagten kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass sich der Name „Landgut Borsig“ für das Gut Groß Behnitz derart verselbständigt hatte, dass die Zustimmung der Träger des Namens „Borsig“ nicht mehr erforderlich war. Voraussetzung hierfür ist, dass die Bezeichnung „Landgut Borsig“ zu dem Zeitpunkt, zu dem die Beklagten die Benutzung der Bezeichnung „Landgut Borsig“ aufgenommen haben, im allgemeinen Sprachgebrauch der näheren Umgebung üblich war. Wenn sich der Name „Landgut Borsig“ auf diese Weise verselbständigt hääte, könnten sich die Beklagten auf dieses Namensrecht stützen. Ihr berechtigtes Interesse, ihre dort betriebenen wirtschaftlichen Aktivitäten mit diesem Namen zu bezeichnen, wäre in diesem Fall nicht zu leugnen, so der BGH.
Weil das Kammergericht noch keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob sich die Bezeichnung „Landgut Borsig“ im allgemeinen Sprachgebrauch gehalten hat, wurde die Sache vom BGH an das Kammergericht zurückverwiesen. Das Kammergericht wird nun die von den Beklagten zu diesem Punkt angebotenen Beweise erheben müssen.
Vorinstanzen: LG Berlin, Urteil vom 12.10.2007, Az.: 35 O 106/07; Kammergericht, Urteil vom 20.10.2009, Az.: 5 U 173/07
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs vom 29.09.2011, Nr. 151/2011; BGH, Urteil vom 28.09.2011, Az.: I ZR 188/09 – Landgut Borsig