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EuGH-Urteil zur Kopplung von Gewinnspielen mit dem Erwerb einer Ware

Nach einer jüngst veröffentlichten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH, Urteil vom 14.01.2010, Az.: C-304/08) ist das deutsche Verbot der Koppelung von Gewinnspielen mit dem Absatz von Waren und Dienstleistungen nicht mit Europarecht vereinbar.

Der das Verbot normierende § 4 Nr. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) steht so, wie er bislang von deutschen Gerichten ausgelegt und angewendet wird, nicht mit der europäischen „Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG“ (Lauterkeitsrichtlinie) in Einklang. Nach deutschem Wettbewerbsrecht handelte bislang per se unlauter, wer die Teilnahme von Verbrauchern an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware oder der Inanspruchnahme einer Dienstleistung abhängig machte, es sei denn, das Preisausschreiben oder Gewinnspiel war „naturgemäß“ mit der Ware oder Dienstleistung verbunden. Dies ist zum Beispiel bei Gewinnspielen im Radio der Fall. Solche Ratespiele lassen sich naturgemäß nur durchführen, wenn der Verbraucher auch die Sendung konsumiert. Alle anderen Kopplungen waren grundsätzlich und unabhängig davon untersagt, ob im konkreten Einzelfall eine unsachliche Beeinflussung der Verbraucher vorlag und damit die Interessen der Verbraucher beeinträchtigt wurden. Diese Praxis findet mit dem aktuellen EuGH-Urteil nun zu Recht ein Ende. Eine mögliche Unlauterkeit von Gewinnspielen ist nun auch in Deutschland einzelfallbezogen zu prüfen.

Hintergrund des Verfahrens war ein Rechtstreit der Wettbewerbszentrale mit dem Discounter Plus. Das Unternehmen hatte die Kampagne „Ihre Millionenchance“ mit dem Hinweis beworben „Einkaufen, Punke sammeln, gratis Lotto spielen“ und den Kunden die Möglichkeit eröffnet, durch das Sammeln von Bonuspunkten beim Einkauf von Waren an den Ziehungen des deutschen Lottoblocks kostenlos teilzunehmen. Das OLG Düsseldorf hatte die Aktion als Verstoß gegen das Kopplungsverbot verboten. Der BGH hatte dann in der Revisionsinstanz aber Zweifel, ob die deutsche Regelung der Lauterkeitsrichtlinie entspricht und diese Frage dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

In der Praxis stellte sich schon vor der neuen EuGH-Entscheidung die Frage, ob ein Verbot, das unabhängig davon Geltung beansprucht, ob von einem Angebot eine unsachliche Beeinflussung der Verbraucher ausgeht, ob die Teilnahmebedingungen klar und deutlich angegeben sind oder ob die Verbraucher über ihre Gewinnchancen irregeführt werden, in Deutschland noch aufrechterhalten werden kann. Die beanstandete Werbung stammt zwar noch aus der Zeit vor Inkrafttreten der Lauterkeitsrichtlinie, der BGH ist aber verpflichtet, deutsches Recht richtlinienkonform auszulegen. Die Richtlinie führte zu einer Vollharmonisierung des Lauterkeitsrechts in ihrem Anwendungsbereich mit der Folge, dass es dem deutschen Gesetzgeber verwehrt ist, strengere Bestimmungen aufrechtzuerhalten oder neu zu schaffen, als in der Richtlinie enthalten.

Der „verständige Durchschnittsverbraucher“ (EuGH), der den Wert eines ausgelobten Preises (z.B. kostenlose Teilnahme an einer Lottoziehung im Wert von einem Euro) kennt, wird durch ein an den Erwerb von Waren (vorliegend im Wert von mindestens 100 Euro) gekoppeltes Gewinnspiel nicht automatisch zu exzessiven Käufen veranlasst.

Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Kopplung von Gewinnspiel und Warenabsatz grundsätzlich manipulatorische Elemente aufweist und unter Umständen der Lauterkeitsrichtlinie widersprechen kann. Die Grenze zwischen rechtmäßigem Gewinnspiel und unlauterem Wettbewerb ist oft fließend.

Praxistipp:

Zur Vermeidung imageschädigender einstweiliger Verfügungen und kostenintensiver Wettbewerbsstreitigkeiten sollten Unternehmen, die Gewinnspiele und Warenerwerb koppeln möchten, zuvor den Rat eines spezialisierten Fachanwalts für Gewerblichen Rechtsschutz einholen.

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