Die Euroweb Group bietet über Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz sog. „Internet-System-Verträge“, also Werkverträge über die Erstellung und Betreuung von Internetpräsenzen, an.
Ich berate regelmäßig Mandanten die zum Beispiel bei der Euroweb Internet GmbH eine solche Internet-System-Vereinbarung mit Laufzeit von mindestens 48 Monaten unterschrieben haben und sich aus unterschiedlichen Gründen wieder davon lösen möchten.
Einen interessanten Fall hat das Landgericht Düsseldorf im April 2019 entschieden.
Die 7. Zivilkammer des Landgericht Düsseldorf hat die Beklagte, die Euroweb Internet GmbH, mit Urteil vom 02.04.2019 (Aktenzeichen 7 O 239/17) u.a. auf Rückzahlung der von der Klägerin gezahlten € 8.376,41 verurteilt. Das Urteil ist soweit ersichtlich inzwischen rechtskräftig.
I. Was war geschehen ?
Die Parteien unterzeichneten nach dem Tatbestand des Urteils 2014 einen sog. Internet-System-Vertrag mit einer Laufzeit von zunächst 48 Monaten. Zu der Vertragsunterzeichnung kam es nach diesem, nachdem die Beklagte die Klägerin unverlangt telefonisch kontaktiert und dann aufgesucht hatte. In 2016 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bemängelte, dass zahlreiche Zusagen nicht erfüllt worden seien. Mit anwaltlichen Schreiben erklärte die Klägerin dann 2017 die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung, erklärte hilfsweise die außerordentliche Kündigung und verlangte das bis zu diesem Zeitpunkt gezahlte Entgelt zurück. Die Klägerin leistete nach dem Tatbestand des Urteils bis Mai 2017 Zahlungen in Höhe von € 8.376,41. Das Gericht hat die Klägerin persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M.
II. Das Urteil des LG Düsseldorf vom 02.04.2019, Az.: 7 O 239/17
Nach den Entscheidungsgründen des Urteils stand nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts in diesem konkreten Fall fest, dass die Klägerin bei Abschluss des Vertrages durch die dortige Außendienstmitarbeiterin der Beklagten arglistig getäuscht und hierdurch zum Abschluss des Vertrages verleitet wurde. Die Zahlungen aufgrund des System-Internetvertrages erfolgten daher ohne Rechtsgrund, da der zwischen den Parteien unstreitig geschlossene Vertrag von der Klägerin wirksam angefochten wurde und damit rückwirkend nichtig war, wie das Gericht in diesem Fall entschieden hat. Eine arglistige Täuschung setzt die Erregung und Aufrechterhaltung eines Irrtums durch Vorspiegelung falscher oder Entstellung richtiger Tatsachen voraus. Derartiges sei hier geschehen, so das Landgericht in seinem Urteil,
„indem die Außendienstmitarbeiterin der Klägerin vorgespiegelt hat, bei der Beklagten handele es sich um eine von dem Unternehmen H zertifizierte Firma, die deshalb in der Lage sei, ihre eigenen Vertragspartner in der Suchmaschine von H auf den vorderen Plätzen zu platzieren, und zwar unabhängig von der Frage, ob man die Firma der Klägerin konkret in die Suchmaschine eingibt oder allgemeinere Suchbegriffe oder Branchenbezeichnungen verwendet.“
Die Äußerung der Außendienstmitarbeiterin war auch zur Überzeugung des Gerichts bewiesen.
III. Es kommt immer auf den konkreten Einzelfall an
Bei der rechtlichen Beurteilung solcher Internet-System-Verträge und deren Zustandekommen kommt es indes immer auf den konkreten Einzelfall, die Beweislage und deren gerichtliche Würdigung an.
IV. Haben Sie auch Probleme mit Euroweb ?
Wollen Sie sich von Ihrem Internet-System-Vertrag mit Euroweb lösen ? Wie am besten vorgegangen werden sollte, muss immer im konkreten Fall geprüft werden, um dann das passende Vorgehen für „Ihren“ Fall abzustimmen.
1. Sprechen Sie nicht ungeprüft eine sog. freie Kündigung aus
Eine „Internet-System-Vereinbarung“ ist wie schon erwähnt ein sog. Werkvertrag und als solcher grundsätzlich jederzeit frei kündbar, auch wenn vertraglich eine längere Laufzeit vereinbart wurde. Sprechen Sie aber eine freie Kündigung aus, steht der Gegenseite jedoch hinsichtlich der restlichen Laufzeit ein Ausgleichsanspruch zu. Dieser kann je nach restlicher Vertragslaufzeit und Höhe der monatlichen Kosten sehr hoch ausfallen, weshalb freie Kündigungen von Internet-System-Vereinbarungen regelmäßig wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheinen.
2. Beauftragen Sie einen erfahrenen Fachanwalt mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen
Unternehmen/Selbständige die eine Internet-System-Vereinbarung bei der Euroweb Internet GmbH oder einem andern Anbieter solcher Werkverträge abgeschlossen haben und sich von dieser wieder lösen möchten, sollten die Internet-System-Vereinbarung / Folgevereinbarung daher nicht einfach ungeprüft ohne Rechtsanwalt kündigen, sondern anwaltlich prüfen lassen, ob und wie Sie deutlich günstiger aus dem Vertrag kommen.
Quelle: LG Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2019, Az.: 7 O 239/17, BeckRS 2019, 22856; eigene Recherche. Volltextveröffentlichung u.a. in NRWE (Rechtsprechungsdatenbank NRW).